SchwerpunktKlima
  1. Nachrichten
  2. Earth
  3. Report
  4. Der mutige Plan, mit dem das Ahrtal viele Autos loswerden will

Zwei Städte machen den Anfang: Der mutige Plan, mit dem das Ahrtal viele Autos loswerden will
  • Kommentare
  • E-Mail
  • Teilen
  • Mehr
  • Twitter
  • Drucken
  • Fehler melden
    Sie haben einen Fehler gefunden?
    Bitte markieren Sie die entsprechenden Wörter im Text. Mit nur zwei Klicks melden Sie den Fehler der Redaktion.
    In der Pflanze steckt keine Gentechnik
    Aber keine Sorge: Gentechnish verändert sind die
„clever mobil“: Die Bürgerinitiative für Car-Sharing im Kreis Ahrweiler
Frank Gerstenberg/FOCUS online Earth „clever mobil“: Die Bürgerinitiative für Car-Sharing im Kreis Ahrweiler
  • FOCUS-online-Redakteur
Donnerstag, 20.07.2023, 10:27

Das sogenannte „Car-Sharing“ ist in Deutschland bislang vor allem in Großstädten üblich. Jetzt soll es sich jedoch auch im beschaulichen Ahrtal durchsetzen. Die Organisatoren sind überzeugt: Die Bedenkenträger werden schon bald umgestimmt sein.

eCar-Sharing kenne er bislang nur von Berlin, Hamburg oder Bonn, sagt der freundliche Kellner im „Kaffeehaus“ in Remagen. „Aber dass es so etwas bei uns gibt, damit habe ich nicht gerechnet“. Tatsächlich hat sich im beschaulichen Ort eine Bürgerinitiative gebildet, die Revolutionäres im Sinn hat: die Versorgung des gesamten Ahrtals mit E-Autos, die allen zur Verfügung stehen sollen.

Initiator ist Matthias Breda aus Remagen. Er hatte vor einigen Jahren eine Car-Sharing-Firma in Bonn gefragt, ob sie sich vorstellen könne, ihre Autos auch in Remagen anzubieten. Die Antwort: wirtschaftlich uninteressant. Also startete der Ruheständler, der früher im Investitionsgütervertrieb arbeitete, zusammen mit Mitstreiterinnen wie Nicole Müller (36) ein eigenes Car-Sharing-Projekt. Die Mutter von zwei Kindern im Alter von vier und acht Jahren glaubt, dass viele Autos einfach nutzlos rumstehen und nur sehr selten gebraucht werden. „Wir brauchen keinen Zweitwagen dafür, die Kinder mal zum Schwimmbad zu fahren.“

Pläne für das ganze Ahrtal

Breda, Müller und andere Bürgerinnen und Bürger aus Remagen knüpften Kontakt zu Christian Holz (60) von der Energiegenossenschaft BürgerEnergie Rhein-Sieg eG. Der frühere Qualitätsmanager besorgte in knapp 16 Monaten vier Elektro-Autos: Drei Renault Zoe und einen Opel Corsa E. Angesichts von Lieferengpässen und Energiekrise eine sehr kurze Zeit. „Wir waren echt schnell“, sagt Remagens Bürgermeister Björn Ingendahl (43, parteilos). Und die Ladesäulen an den vier Standorten in Sinzig und Remagen funktionierten auch. „Das klappt besser als bei uns in der Verwaltung“, sagt Ingendahl.

FOCUS online Earth - unsere Klima-Marke

Der Klimawandel ist die Jahrhundertaufgabe der Menschheit. FOCUS online Earth zeigt, wie der Klimawandel uns heute schon betrifft - und welche Ideen es gibt, um die Wende zu schaffen. Alle Artikel von FOCUS online Earth finden Sie hier.

Für acht Euro Monatsbeitrag kann man sich auf der Internetseite https://www.ecb-kreisahrweiler.de/ per QR-Code registrieren. Das Auto fünf Stunden auszuleihen, kostet rund 30 Euro. Etwa 50 Nutzerinnen und Nutzer buchen die Autos seit Mai regelmäßig.

Breda will die Initiative in den kommenden Jahren auf das gesamte Ahrtal ausweiten. Und dies hat vor allem mit der Flut zu tun: „Nach der Katastrophe dachten wir, wie können wir den Leuten damit helfen? Die Leute an der Ahr brauchen die Autos wahrscheinlich noch dringender.“ Daher sei der Name der Bürgerinitiative auch nicht auf Remagen beschränkt geblieben, sondern auf den Landkreis ausgeweitet worden, erklärt Breda.

Landrätin Cornelia Weigand (52, parteilos) will weniger Auto und mehr Lebensqualität im Ahrtal
Frank Gerstenberg/FOCUS online Earth Landrätin Cornelia Weigand (52, parteilos) will weniger Auto und mehr Lebensqualität im Ahrtal

„Stehen 23 Stunden am Tag nur dumm rum“

Bei Landrätin Cornelia Weigand (parteilos) rennt er offene Türen ein. Sie ist ein bekennender Car-Sharing-Fan: Die meisten Autos seien keine Fahrzeuge, sondern „Stehzeuge“, sagte sie in Remagen. Sie stünden „23 Stunden am Tag nur dumm rum“ und nähmen Platz weg. Der könnte vielmehr für Fahrradwege und damit für eine „gesunde und klimafreundliche Fortbewegung“ genutzt werden oder begrünt werden, um in „immer heißeren Sommern Schatten zu spenden“ - oder schlicht „zum Quatschen“ einladen.

Für Weigand ist die nachhaltige und klimaresiliente Erneuerung in allen Bereichen ein zentrales Anliegen: „Wir wollen im Ahrtal die Energie- und Mobilitätswende. Carsharing ist eine gute Möglichkeit, die Anzahl der Fahrzeuge signifikant zu reduzieren. Zweitwagen werden überflüssig.“ Die Landrätin bringt es auf die Kurzformel: „Autos runter, Lebensqualität rauf!“

Es bleiben die Bedenkenträger

In ihrer Verwaltung im Landkreis Ahrweiler habe sie die Idee nicht durchsetzen können. Daher hofft sie, so Weigand gegenüber FOCUS online Earth, dass die Initiative mit ihrer Vision Erfolg hat. „Perspektivisch streben wir eine Expansion unseres e-Carsharing-Angebots in andere Ortschaften des Kreises Ahrweiler an“, heißt es auf der Internetseite.

Der Start gestern soll erst der Anfang sein, sagt auch Sinzigs Bürgermeister Andreas Geron (58, parteilos). Als er seiner Gemeinde den Vorschlag gemacht habe, sich am Car-Sharing zu beteiligen, hätten sich zuerst die Bedenkenträger gemeldet, erzählt Geron. „Glaubst du denn allen Ernstes, dass für ein eCar-Sharing-Auto irgendjemand sein eigenes Auto abmeldet?“, wurde er gefragt.

Das glaube er nicht, sagt Geron selbst. „Aber wenn dadurch jemand kein Zweit-Auto kauft, haben wir schon viel gewonnen.“ Das sei das Ziel. Jedes Rennen beginne mit dem ersten Schritt: „Vielleicht haben wir in einigen Jahren einen Fuhrpark mit 50 Autos, die sich die Menschen im Ahrtal teilen, und blicken stolz auf den heutigen Start zurück“, sagt Geron.

 

Zum Thema
Warum der Staat die Menschen im Ahrtal zu alten Gasheizungen zwingt

Interview mit Bürgermeister Guido Orthen

Warum der Staat die Menschen im Ahrtal zu alten Gasheizungen zwingt

Polnische Pioniere lösen mit Lavendel großes Problem von deutschem Trocken-Hotspot

„Ideal für den Klimawandel“

Polnische Pioniere lösen mit Lavendel großes Problem von deutschem Trocken-Hotspot

Dürre-Atlas Deutschland - Wo steht Ihr Landkreis im Kampf gegen die Hitze?

Interaktive Karte

Dürre-Atlas Deutschland - Wo steht Ihr Landkreis im Kampf gegen die Hitze?

Kommentare
Teilen Sie Ihre Meinung
Melden Sie sich an und diskutieren Sie mit.
Teilen Sie Ihre Meinung
Sie waren einige Zeit inaktiv, Ihr zuletzt gelesener Artikel wurde hier für Sie gemerkt.
Zurück zum Artikel Zur Startseite
Lesen Sie auch
Akzeptanzprobleme: Das Elektroauto verliert an Boden

Verkehr

Akzeptanzprobleme: Das Elektroauto verliert an Boden

Norden kann sich auf bestes Feiertags-Sommerwetter freuen

Wetter

Norden kann sich auf bestes Feiertags-Sommerwetter freuen