Bürgerinitiative macht sich für Carsharing stark: Gibt es bald E-Autos zum Mieten am Rhein?

Ein Auto ist nach wie vor eine teure Angelegenheit – und das nicht nur angesichts der rasant gestiegenen Spritpreise. Aber wie gelingt es, auch ohne den eigenen Wagen mobil zu bleiben, vor allem in einer ländlichen Region, in der der ÖPNV auch ein anderer ist als in einer Großstadt? Bürger aus Sinzig und Remagen versuchen, darauf eine Antwort zu finden.

Elektro-Carsharing in Bürgerhand (ECB) heißt eine neue Bürgerinitiative (BI), die vor Kurzem ins Leben gerufen worden ist. Die Idee dazu stammt von Matthias Breda aus Remagen. Er hatte das Thema Carsharing in den Klimastammtisch der Stadt Remagen eingebracht – und stieß dort auf offene Ohren. Das Interesse war so groß, dass sich ECB mittlerweile vom Klimastammtisch abgenabelt hat. Um die 20 Mitglieder zählt die BI bisher.

Dass Breda den Vorschlag zur Einführung des Carsharings eingebracht hat, ist nicht ganz uneigennützig. „Meine Frau und ich möchten dies auf absehbare Zeit gern nutzen“, sagt er. „Ich bin in Rente. Die zurückgelegten Kilometer werden weniger, aber die Autofixkosten gehen nach oben. Es ist purer Luxus, ein eigenes Auto zu unterhalten“, so Breda. Kristin Voigt, ebenfalls aus Remagen, hatte andere Beweggründe, sich der Bürgerinitiative anzuschließen. Für sie steht, wie sie sagt, der Aspekt des Umweltschutzes im Vordergrund. „Ich habe noch nie ein Auto besessen und fände es einfach schön, wenn weniger Autos unterwegs wären. Das würde mehr Platz für andere Dinge auf den Straßen schaffen“, sagt sie.

Unterstützung aus Remagener und Sinziger Verwaltung

Mit im Boot sind auch die beiden Klimaschutzmanagerinnen Chantal Zinke (Remagen) und Clarissa Figura (Sinzig). Breda hatte Figura angesprochen, um die Initiative über Remagen hinweg auszuweiten für mehr Sichtbarkeit durch das Zusammenschließen der Städte und um mehr Nutzer zu generieren – mit Erfolg. „Das ist eine sehr gute Initiative, die wir sehr stark unterstützen, übrigens auch unser Bürgermeister Andreas Geron“, betont Figura. Mobilität sei vor dem Hintergrund des Klimaschutzes ein komplexes Thema. Neben der Verbesserung des ÖPNV und zusätzlichem Radverkehr gehe es um die Frage, wie Bürger individuell mobil bleiben, so Sinzigs Klimaschutzmanagerin.

Das avisierte Carsharing – zunächst in den beiden Rheinstädten – soll aus Bürgerhand realisiert werden. Für Zinke und Figura ein Riesenpluspunkt. „Es wird nichts von der Kommune aufgedrückt“, so Figura. Die Klimamanagerinnen sind der Meinung, dass das System von unten, das sich selbst trägt, besser funktioniert, sodass es auch hält. Beim Dorfautoprojekt im Rhein-Hunsrück-Kreis beispielsweise ist das anders. Es wird von der Kommune – also von oben – gesponsert. „Ich weiß nicht, ob dieses System weiter trägt“, macht Figura den Unterschied deutlich. Diese Bedenken teilt auch Breda. „Wenn die Subvention wegfällt, ist die Gefahr extrem groß, dass die Nutzung auf null runtergeht“, meint er. Da gebe es entsprechende Erfahrungswerte. Und wenn dann das Carsharing wieder abgebaut werden müsste, würde man verbrannte Erde hinterlassen, und das Projekt sei tot, so Breda weiter.

Onlineumfrage läuft

Deshalb geht die BI einen anderen Weg. Sie will zunächst herausfinden, wie das Interesse am Carsharing gelagert ist und wo es Sinn hat, Fahrzeuge hinzustellen – zunächst in Remagen und Sinzig. Um dies zu identifizieren, läuft derzeit eine Umfrage, an der sich jeder, der am Carsharing interessiert ist, beteiligen kann. Das ist noch bis in den Juli hinein möglich. Nach dem Klimafest am 2. Juli in Remagen soll die Auswertung erfolgen. Bisher haben sich Kristin Voigt zufolge mehr als 150 Interessierte in Remagen und Sinzig an der Umfrage beteiligt. Die BI, die beim Klimafest mit einem Stand vertreten sein wird, hofft, auch dadurch noch bekannter zu werden, damit sich noch mehr Menschen an der Umfrage beteiligen.

In einem weiteren Schritt sollen dann zur genaueren Absicherung Gespräche mit den Interessierten erfolgen, erläutert Breda. Erst danach will die Bürgerinitiative den Sprung ins kalte Wasser wagen. Eine Zeitachse, wann die ersten Fahrzeuge zur Verfügung stehen könnten, gibt es derzeit noch nicht – wegen unbekannter Komponenten, etwa Lieferzeiten von E-Autos, wie Breda erläutert. Und dann müsste mit den Kommunen ja auch noch abgeklärt werden, wie es mit der Ladefähigkeit der Fahrzeuge aussieht. Bevor die entsprechende Infrastruktur kommt, soll erst einmal ein Testbetrieb von sechs Monaten erfolgen, um zu schauen, ob der Standort gut gewählt ist oder nachjustiert werden muss.

Und es sei ja auch die Variante möglich, dass von einem Hotspot von 20 Personen letztlich nur drei oder vier übrig bleiben, meint Breda. „Dann könnte man vom freien Carsharing auf das Nachbarschaftsauto umstellen“, nennt er eine Alternative. Man müsse die Menschen auf dem kleinsten gemeinsamen Nenner zusammenbringen, was Standort und Landefähigkeit betreffe.

Energiegenossenschaft BürgerEnergie Rhein-Sieg ist Partner

Als Partner konnte die BI die Energiegenossenschaft BürgerEnergie Rhein-Sieg gewinnen, die auch die Fahrzeuge zur Verfügung stellen wird. Wie Christian Holz, technischer Vorstand, ausführt, wird es für das Carsharing jeweils nur einen Standort geben, von dem aus der Wagen genutzt und anschließend wieder zurückgebracht wird, um es anderen interessierten Gruppen zur Verfügung zu stellen. Das sei ein Unterschied zu den bekannten Carsharing-Anbietern in Städten, für die dieses System einen zu großen Aufwand und zu wenig Rendite bedeute. Die Genossenschaft indes sei nicht gewinnmaximierend unterwegs, sondern wolle vielmehr die Energie- und Mobilitätswende voranbringen. Aber natürlich sei man auch bemüht, einen Gewinn zu erzielen, so Christian Holz.

Er erklärt zudem das System. Demnach wird ein Platz fürs Carsharing in einem Radius der Interessierten geschaffen, der fußläufig gut zu erreichen ist. Der Nutzer im Besitz einer gültigen Fahrerlaubnis registriert sich, richtet ein Nutzerkonto ein und lädt sich die App herunter, um das Fahrzeug zu mieten. Er aktiviert die Buchung am Standort und gibt dabei an, wie lange er den Wagen benötigt. Dann kann es auch schon losgehen. „Und wenn er zum Standort zurückkommt, beendet er die Buchung“, so Holz.

Verschiedene Varianten sind möglich

Die Energiegenossenschaft BürgerEnergie Rhein-Sieg bietet unterschiedliche Carsharing-Modelle an. Beim öffentlichen Carsharing teilen sich die registrierten Fahrer die Wagen der BürgerEnergie. Nach der Nutzung werden die Fahrzeuge wieder an ihrem Standort abgegeben. Beim Nachbarschaftsauto teilen sich zum Beispiel drei Haushalte ein Auto. Beim Carsharing in Kommunen bietet die Energiegenossenschaft Kommunen an, ihren Fuhrpark teilweise der Bevölkerung zur Verfügung zu stellen, etwa an Wochenenden oder in den Abendstunden. Ähnlich können sich auch Unternehmen am Carsharing beteiligen, wenn beispielsweise ein Mitarbeiter abends das Fahrzeug mit nach Hause nimmt und es bis zum nächsten Morgen Nachbarn zur Verfügung stellt.


Veröffentlicht von Silke Müller (sm) am 09. Juni 2022, 09:10 Uhr
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